Für die Vorgehensweise bei der Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft gelten trotz großer Unterschiede einige übereinstimmende Erfahrungen. Werden sie berücksichtigt, steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Gründung erheblich. Diese systematische Vorgehensweise, läßt sich an den "Knackpunkten" ergänzen, die aus einer eigentumsorientierten Ausgestaltung als Zugeständnis an die Förderungen nach dem Eigenheimzulagegesetz resultieren. Über einen bewußten Umgang mit deren Problematik lassen sich potentielle Schwierigkeiten verringern. Die wichtigsten Schritte zur Gründung sind:
1. Anstoß zu einem Wohnprojekt durch ein Grundstück, ein Haus oder Gebäude.
2. Entwicklung der Unternehmensidee wirtschaftlich und ideell.
3. Bildung einer Kerngruppe mit unterschiedlichen sich ergänzenden Fähigkeiten der Beteiligten.
4. Sammeln und Lesen von Informationen z.B. Gründungsleitfaden für Wohnungsgenossenschaften (20,--DM) hrsg. vom Verein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens e.V., Hermann-Meyer-Str. 20 A, 42657 Solingen, Tel.: 0212/2471731, Fax: 0212/2471732.
5. Verfassen eines Rohkonzepts mit den Elementen Bauprojekt, Mitgliedergruppe, Eigentumsgestaltung, Finanzierung, Wirtschaftlichkeit, Entscheidungsregeln.
6. Suche und Besuch von ähnlich orientierten Genossenschaftsprojekten.
7. Kontaktaufnahme zu Beratern und genossenschaftlichen Prüfungsverbänden.
8. Ausarbeitung des genossenschaftlichen Regelungssystems in Form einer Satzung.
Das gemeinsame Selbstverständnis der Mitglieder einer Wohnungsbaugenossenschaft ist der tragende Kern, auf der die Stabilität der genossenschaftlichen Grundidee und des teilneutralisierten Eigentums beruht. Die Regeln der Satzung können dies stützen. Entscheidend wird aber sein, wie stark die Grundidee in der Gruppe der GründerInnen vorhanden ist und ob es ihnen gelingt, das Selbstverständnis neu Hinzukommenden zu vermitteln. Ein Instrument dafür ist das gemeinsames Selbstverständnis. Dies gilt es auszuformulieren und der Satzung als Präambel vorwegzustellen. Damit eine solche Präambel nicht nur Papier bleibt, sollte
neuen Mitgliedern, die mit der Präambel verbundenen Absichten in einem Gespräch oder in einer gemeinsamen Diskussion vermittelt werden;
jedes Mitglied nicht nur die Satzung, sondern ausdrücklich auch die Präambel als für sich gültig zusätzlich unterschreiben;
in regelmäßigen Abständen, beispielsweise zweijährlichem Turnus, eine genossenschaftsinterne Auseinandersetzung über das Selbstverständnis geführt werden.
9. Detaillierte Ausarbeitung des Konzepts der Genossenschaft und des Wirtschaftsplans.
Trennung von Grundstück und Wohneigentum
In diesem Zusammenhang sollte entschieden werden, ob beabsichtigt ist, mit der Genossenschaft zukünftig weiterzubauen, Bauträgertätigkeit also ein wichtiges Element des Unternehmens bleibt, oder ob der Status der steuerbefreiten Vermietungsgenossenschaft angestrebt wird.
Außerdem erscheint es sinnvoll schon an dieser Stelle zu entscheiden, ob zwischen Grundstück und Häusern bzw. Wohnungen eine Trennung erfolgt. Wenn das Grundstück grundsätzlich der Genossenschaft überantwortet bleibt, ist ein wichtiges Element potentieller Wertsteigerung und damit auch von Spekulation der Eigentumsorientierung entzogen.
10. Feinabstimmung der Satzung auch hinsichtlich der Eigentumsorientierung und ihrer Handhabung.
Vorkaufsrecht und Verwaltung bei der Genossenschaft
Damit die Mitglieder für ihre Anteilszeichnung die staatliche Förderung bekommen können, muß in der Satzung ein Passus aufgenommen sein, der folgendermaßen lauten kann: "Den Mitgliedern, die eine Förderung gemäß § 17 Eigenheimzulage erhalten, wird unwiderruflich das vererbliche Recht auf Erwerb des Eigentums an der von ihnen zu Wohnzwecken genutzten Wohnung eingeräumt. Voraussetzung dafür ist, daß die Mehrheit der in einem Objekt wohnenden Genossenschaftsmitglieder der Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung der Wohnung schriftlich zugestimmt haben."
Dieser Passus sollte durch Aussagen ergänzt werden, daß der Verkauf zum Verkehrswert erfolgt, daß nach einem Verkauf die Genossenschaft auf jeden Fall ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommt und daß die Genossenschaft das Recht der langfristigen vertraglich verankerten Verwaltung der verkauften Wohnung erhält. Letzteres sollte umfassen, daß potentielle Mieter der verkauften Wohnung durch die Genossenschaft ausgesucht werden. Auf diese Weise bleibt gesichert, daß die Wohnung nur von Personen bewohnt wird, die die Genossenschaftsmitglieder akzeptieren. Außerdem bleibt so der Eigentümer oder zukünftige Mieter an die Entscheidungen der gemeinsamen Verwaltung gebunden.
11. Vorbereitung und Durchführung der Gründungsversammlung.
Dr. Burghard Flieger, Erwinstraße 29, 79102 Freiburg, Tel. 0761/709023, Fax: 0761/709084,
oder per email an
flieger@genossenschaftsberatung.de