Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften (EVGs) sind Zusammenschlüsse von Bauern und - meist städtischen - Verbrauchern, die sich die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte zur Aufgabe gemacht haben. Sie verstehen sich als ökologische Entwicklungsprojekte mit dem Ziel sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum die Ausbeutung von Natur und Menschen zu vermeiden. Besonderheit bei dieser Form des genossenschaftlichen Zusammenarbeitens ist, daß keine der beiden beteiligten Gruppen ihre Identität aufgibt. Das bedeutet, im Unterschied zu anderen Genossenschaftsformen agieren hier auch nach dem Zusammenschluß zwei Personengruppen mit unterschiedlichen Identitäten und Interessen unter einem organisatorischem Dach.
Die ersten EVGs entstanden in der Bundesrepublik Deutschland vor etwa 20 Jahren. Ihre Anzahl in der Bundesrepublik Deutschland läßt sich nur schwer schätzen: Sie sind nirgendwo systematisch registriert, ihre Mitgliederzahlen - von um die zehn bis mehrere hundert - weist ein breites Spektrum auf. Dies gilt auch für die gewählten Organisationsformen. EVGs variieren von informellen Gruppen ohne Rechtsform bis zu eingetragenen Genossenschaften. Ihre Abgrenzung von ähnlichen Initiativen, wie beispielsweise den Food-coops, erweist sich als schwierig. Auch wenn diese ihrem Ursprung nach reine Verbraucherzusammenschlüsse darstellen, entwickeln viele kleine Einkaufsgemeinschaften feste Absatzbeziehungen zu einem oder mehreren Bauern und bauen zudem eigene Verteilerstrukturen auf. Werden auch die Kleinstgruppen ohne Rechtsform dazugezählt, beläuft sich ihre Anzahl auf mehrere hundert. Erfolge eine Eingrenzung auf eingetragene Vereine oder Genossenschaften, beschränkt sich ihre Zahl auf deutlich unter hundert.
Der Abbau der Anonymität, oder positiv ausgedrückt, der Aufbau von Verständnis und Solidarität zwischen Erzeugern und Verbrauchern ist nicht nur Ziel, sondern auch wichtige Voraussetzung für das Funktionieren dieser eigenwilligen Organisationsform. In einer EVG muß das Vertrauensverhältnis gegenüber Mißtrauen und Konkurrenzdenken überwiegen. Andernfalls ist das Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Insofern wird fast immer viel Zeit und Kraft für regelmäßige Treffen, Gespräche sowie weitere zusätzliche Kontakte aufgebracht. Insbesondere Bauern als meistbeschäftigte Bevölkerungsgruppe können dies neben ihrer normalen Arbeitsbelastung nicht regelmäßig leisten. Verbraucher in den EVGs müssen insofern lernen, entsprechende Ansprüche zu begrenzen und statt dessen Möglichkeiten der Mitarbeit in den Betrieben zu nutzen. Für Bauern gilt es dagegen, den Zeitaufwand für regelmäßige Kontakte zu Verbrauchern als auch untereinander als notwendigen Bestandteil einer Direktvermarktungsbeziehung zu akzeptieren.
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